Die Akten

aus dem Buch "Das zarte Pflänzchen der Solidarität gegossen. Zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg)", S. 65, ISBN 978-3-942885-00-3, edition assemblage, März 2011.

Die bekannt gewordenen Ermittlungs- und Prozessakten belaufen sich auf etwa 100 Aktenordner. Polizeiintern sind die Verfahren getrennt. Es gibt ein Strukturverfahren zur militanten gruppe, Personenverfahren gegen einzelne Leute und Anschlagsverfahren zu jedem einzelnen mg-Anschlag. Auf die Akten zu den Anschlagsverfahren hatten Verteidigung und Gericht keinen Zugriff. Was in den Aktenordnern der mg-Verfahren steht, ist weitgehend unbekannt. Außerhalb des Prozesses sind nur bewusst ausgewählte Einzelheiten bekannt geworden. Bis heute gibt es keinen politischen Bericht und keine politische Einschätzung zu dem Aktenbestand und den Ermittlungen. Dies wäre wünschenswert gewesen für politisch Aktive, um beispielsweise zu erfahren, wie die Ermittlungsbehörden ticken, wie sie vorgehen und auf welchem Stand sie sind, was es auf diesem Gebiet in den letzten Jahren an Entwicklungen gab, was neu ist. Aber natürlich auch für die Betroffenen und ihre politischen Zusammenhänge selbst, um eigene Fehler zu erkennen. Einige der Beschuldigten hatten zugesagt, etwas in der Art zu verfassen, letztlich aber nie umgesetzt. Andere waren unter anderem aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht bereit, ihre Akten anderen Genoss_innen dafür zur Verfügung zu stellen. Wieder andere Beschuldigte maßen einer Berichterstattung über die Akten keine Wichtigkeit bei. Damit wurde eine Chance verpasst, die andere genutzt haben. So gibt es zum G8-Verfahren eine 65-seitige Auswertung, der allerdings eine politische Einschätzung fehlt, beispielsweise darüber, warum es zu den Ermittlungen kam, warum ausgerechnet gegen die betroffenen Personen usw. Ein gutes Beispiel für eine auch politische Aufarbeitung von Repression und Aktenmaterial ist die 52-seitige Broschüre „Ehemalige Mitarbeiter der radikal zum 13.6.1995, dem Davor & Danach“ von Ende der 1990er Jahre. Übrigens stimmen die darin beschriebenen damaligen Observationsmethoden (eingesetzte Beamte, Fahrzeuge u.a.m.) mit dem überein, was im mg-Prozess öffentlich wurde.